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Der Glücklichmacher

Von Einem, der mit dem Skalpell Leben verändert

Strahlen sieht man Ammar Khadra öfter mal. Er ist einer dieser Menschen, die selbst dann noch pfeifend die Treppen zu seiner Klinik in Dortmund Brackel hochhüpfen, wenn tristes Regenwetter allen Anderen die Laune verhagelt. Spricht man ihn aber auf ein ganz bestimmtes Thema an, beginnt er förmlich zu leuchten. Was treibt ihn an, warum brennt er für seinen Beruf, den er – so abgedroschen es auch klingen mag – als echte Berufung empfindet? „Auch wenn ich weit davon entfernt bin, ein Psychologe zu sein“, sagt Khadra, „so erlebe ich immer wieder, wie sich meine Patienten nach einem Eingriff in ihrem Auftreten, ihrem ganzen Wesen verändern. Manchmal erkenne ich sie fast nicht wieder, wenn sie Wochen nach der OP zur Kontrolle kommen. Bei ihrem ersten Besuch hatten sie verzweifelt, geduckt, verschämt und unglücklich gewirkt und dann, gerade mal einen Monat später, scheinen sie regelrecht aufgeblüht. Das liebe ich an meiner täglichen Arbeit. Die Wirkung von plastischer Chirurgie ist eben nicht auf den OP-Saal beschränkt, eine operativ eher als Kleinigkeit zu betrachtende Maßnahme kann auslösen, dass der Patient fortan ganz anders auf andere Menschen zugeht. Die nehmen ihn alleine schon deswegen viel positiver wahr und spiegeln ihm das zurück. Es beginnt so etwas wie eine Spirale des Glücks. Wenn ich so etwas immer wieder beobachten und wahrnehmen kann, ist das berührend wie kaum etwas auf der Welt.“ Was hinter diesem Phänomen steckt, das kennen wir eigentlich alle. Es hat etwas mit dem Unterschied von Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung zu tun. 

Foto: Ammar Khadra

Es liegt im Auge des Betrachters

Ein Seifenhersteller, der immer mal wieder mit ungewöhnlichen Werbekampagnen für Schlagzeilen sorgt, initiierte vor ein paar Jahren ein spannendes Experiment: Sieben Frauen wurden eingeladen, sich selbst einem Phantomzeichner des FBI zu beschreiben, so dass er daraus eine Skizze von ihnen erstellen konnte. Der Mann konnte die Frauen dabei nicht sehen, er war allein auf ihre Selbstbeschreibungen angewiesen. Vor der Sitzung mit dem Zeichner hatten die Frauen in einem Raum etwas warten müssen, gemeinsam mit einer ihnen fremden Person. Später fertigte der Zeichner dann ein zweites Portrait von der Frau an, dieses Mal allerdings nach den Angaben dieser fremden Person, die mit ihr gemeinsam eine Weile gewartet hatte. Als man den Frauen am Ende die beiden Varianten zeigte, war das emotional sehr berührend. Fast alle Zeichnungen, bei denen der Fremde die notwendigen Angaben gemacht hatte, zeigten ein viel schöneres, glücklicheres und auch genaueres Abbild. Für Ammar Khadra ist so etwas nicht überraschend. „Manchmal, wenn mir im privaten Umfeld Menschen begegnen, die wissen, was ich beruflich mache, werde ich gefragt, was ich denn an ihnen verändern würde. Und eigentlich ist meine Antwort immer gleich: Nichts! Wir nehmen unser Gegenüber doch als Gesamterscheinung wahr. Niemand scannt andere Leute  automatisch nach irgendwelchen vermeintlichen Makeln ab, auch ich nicht, obwohl das Korrigieren solcher Kleinigkeiten zu meinem täglichen Job gehört. Im Kopf der Leute, die sich selbst auf einem Foto kritisch betrachten, geschieht das aber schon. Und das kann zu einem echten Problem werden.“ Die Sorgen seiner Patienten ernst zu nehmen, ihnen genau zu zuhören, das ist Ammar Khadra wichtig. „Im ersten Gespräch geht es mir immer darum, herauszufinden, wie die Patientin oder der Patient sich selbst sieht. Ich erkläre, was man medizinisch tun kann, welche Risiken es dabei gibt und welche Ergebnisse überhaupt möglich sind. Am Ende dann alles in Ruhe abzuwägen, das ist die Aufgabe des, bzw. der Betroffenen. Nach dem ersten Beratungsgespräch schicke ich die Leute auch immer nach Hause zum Nachdenken.“ Bei vergleichsweise harmlosen Eingriffen sieht das natürlich noch mal anders aus, als wenn es um eine größere Maßnahme geht.

Der Elefant im Raum

Der angelsächsische Sprachraum hat eine schöne Metapher, die mittlerweile auch bei uns immer bekannter geworden ist. Das Bild von dem Elefanten, der mitten im Raum steht, über den aber niemand spricht, erklärt auch, warum ein  so genannter Schönheitschirurg auch die Psyche eines Menschen verändern kann. Ammar Khadra: „Ich hatte mal eine Frau in meiner Praxis, die sagte zu mir ‚wenn ich einen Raum betrete, dann sehen alle zuerst nur meine Nase‘. Tatsächlich gibt es ja optische Merkmale, die so auffällig sind, dass sie von der Person dahinter ablenken. Schielen ist da ein gutes Beispiel zur Verdeutlichung. Manchmal können wir jemandem, der schielt, gar nicht richtig zuhören, weil wir ihn immer ansehen und versuchen herauszufinden, mit welchem Auge er uns dabei ansieht. Die Betroffenen selbst merken ja auch im Gespräch, dass wir abgelenkt sind und müssen einen Weg finden, damit umzugehen, dass dieser normale, zwischenmenschliche Augenkontakt während einer Unterhaltung gestört ist. Nicht jedes Schielen ist operabel. Nasen aber kann man korrigieren.“ Ammar Khadra ist Facharzt für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie. Im Gegensatz zu manchen Kollegen, die sich – weil dieser Begriff nicht geschützt ist – einfach „Schönheitschirurg“ nennen, hat er genau dieses Handwerk gelernt. 

Fürs Medizinstudium nach Deutschland ausgewandert

Geboren im syrischen Damaskus, verschlug es ihn Ende der Achtziger Jahre in die damalige DDR. „Ich bin mit 17 nach Deutschland gekommen“, erzählt Khadra, „mein Abitur hätte in meiner Heimat nur für ein Zahnmedizinstudium gereicht. Glücklicherweise wollten meine Eltern mich aber unterstützen und ermöglichten mir ein Auslandsstudium in Deutschland. An der Universität von Leipzig ging es damals sehr streng zu. Das war eine harte Zeit für mich, aber ich habe unendlich viel gelernt. Keine Prüfung durften wir vergeigen, sonst wären wir nach Hause geschickt worden und das ganze finanzielle Engagement der Eltern wäre dahin gewesen.“ Schon während des Studiums begegnete er dort seiner heutigen Frau, mit der er inzwischen zwei Söhne hat und im Dortmunder Umland lebt. 2008 eröffnete Ammar Khadra seine Praxis in der Dortmunder Innenstadt, mittlerweile führt er dazu seine eigene Klinik in Brackel. Fünf Betten gibt es hier und rund um die Uhr fachliche Betreuung. Ein weiterer Chirurg gehört zum Team, außerdem elf Arzthelferinnen, zwei Narkoseärzte und zwei Krankenschwestern, die die Nachtwache übernehmen. Gute Laune steckt an: Das Strahlen von Ammar Khadra findet man übrigens auch in den Gesichtern seiner Mitarbeiter. Respekt für den Patienten und dieses Sich-Mit-Freuen-Können, wenn ein medizinscher Eingriff wieder einmal dazu geführt hat, dass jemand mit einem besseren Lebensgefühl nach Hause geht.

Text: Daniela Prüter, Fotos: Silvio de Negri